Eine 37-jährige Frau, ich nenne sie Marlies, kommt sechsmal wegen verschiedener Themen zu mir. In der siebten Sitzung ist die Angst vor der Zahnbehandlung im Vordergrund. Wir beginnen mit dem systemischen Ansatz daran zu arbeiten.
Sofort spürt Marlies unangenehme Gefühle und einen Druck im Magen. Vor sich sieht sie den Zahnarztstuhl. Ich bitte sie, langsam auf den Stuhl zuzugehen. Während sie das tut, erinnert sie sich an eine Situation beim Schulzahnarzt, als sie sieben Jahre alt war: Sie sieht das Gesicht des Zahnarztes mit einer Maske vor sich, spürt den Einstich der Spritze, das Herumstochern im Mund und das Zahnziehen.
Aus zeitlichen Gründen können wir leider die Situation nicht Stress-auflösend zu Ende bearbeiten. Ich empfehle Marlies, sich den bevorstehenden Zahnbehandungstermin so positiv wie möglich vorzustellen. Für mein Gefühl ist die Situation noch nicht ausreichend bearbeitet.
Fünf Jahre nach dieser Sitzung berichtet mir Marlies jedoch, dass sie ab damals nie mehr Angst vor der Zahnbehandlung hatte und alle Behandlungen angstfrei erleben konnte.
Offenbar hat es in diesem Fall gereicht, dass der damalige Konflikt in der Sitzung bewusst wurde. Ihre Seele konnte so offenbar die damals empfundenen Qualen loslassen.